Und wo bleibt das Drehen und Wenden der eigenen Gedanken, bevor sie sprichwörtlich werden? Die Zeit zwischen Einfall und dem Mut, die Feder erstmals im Florentiner Tagebuch anzusetzen? Wenn der Weinkritiker der New York Times nun nicht nur mehr eine wöchentliche Kolumne zu bestreiten hat, sondern zusätzlich auch einen Blog aufgebrummt bekommt? Wenn er nun nach einem Glas mit Freunden in Echtzeit seine Eindrücke zu schildern hat? Wird der zeitlich erst später abgeschlossenen Reflektion noch Rechnung getragen? Oder ist ein Blogeintrag in Tat und Wahrheit bereits Stunden später älter als die Zeitung von Gestern?
«55 million blogs…some of them have to be good» steht auf der Startseite der Blog-Suchmaschine Technorati. In der Tat sind Blogs auch eine Chance aus der verkrusteten formalen Welt des geschriebenen Wortes. Nicht nur, weil mit MySpace oder YouTube auch multimediale Varianten zur Verfügung stehen, sondern auch, weil sich irgendwann irgendwo stets ein Geist zu Wort melden wird, dessen Chance erhört zu werden nur via virtuellen Raum möglich ist. In dieser Unzahl von Geschwätzigkeit gefunden zu werden, ist allerdings eine andere Sache. Es besteht der dringende Verdacht, dass sich in naher Zukunft dieses weisse Rauschen wieder zu einem geordneten Universum zusammenfinden wird. Über 150 Milliarden Gigabyte Daten sind zurzeit im Internet zuhause. Und während Bibliotheken ihre Bücher vom Zerfall der Zeit