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das kulturelle überformat
Nr. 30 / 18. Februar 2010
#Interview mit T.C. Boyle
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literatur
Interview mit T.C. Boyle

Tom Coraghessan Boyle (geboren am 2. Dezember 1948) gehört zu den raffiniertesten Erzählern und Romanciers der amerikanischen Post-Sixties- Generation. Derweil er in seinem wohl bekanntestes Werk «América»  (im Original «The Tortilla Curtain») mit viel Sympathie das brutale Leben mexikanischer Immigranten in Kalifornien darstellt, drehen sich viele seiner Arbeiten um historische Persönlichkeiten, auf deren Grundlage Boyle satirisch angehauchte Sittenportraits zeichnet. Sein neuestes Buch heisst «Das wilde Kind». Die Novelle erzählt die Geschichte vom «wilden» Buben, der im Jahr 1797 in den Wäldern des Pyrenäendorfes Saint-Sernin-sur- Rance gefunden wurde. Nackt und des Sprechens nicht mächtig, bewegte sich der ungefähr 10jährige Knabe auf allen Vieren fort, dazu konnte er klettern wie ein Äffchen und die Kälte schien er nicht zu spüren. In der Folge nahm sich der Pariser Arzt Jean Marc Gaspard Itard des Findelkindes an, aber seine jahrelangen, geduldigen Versuche, es zu schulen und an die konventionelle menschliche Gesellschaft heranzuführen, schlugen letztlich fehl.

Tom Coraghessan Boyle, die Novelle «Das wilde Kind» war ursprünglich ein Buch im Buch: es war das Werk, an dem die Protagonistin in Ihrem 2006 erschienenen Roman «Talk Talk» arbeitete. Wie ist aus der Fussnote ein eigenes Buch geworden?

Der Lektor und mein Agent überredeten mich damals dazu – richtigerweise, denke ich übrigens – die Novelle aus dem Roman wegzulassen. Ich erweiterte