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das kulturelle überformat
Nr. 21 / 9. Februar 2009
#Interview mit Robyn Hitchcock
  7/9
musik
Interview mit Robyn Hitchcock

Woche ein ganzes Album einzuspielen, eine Art «Basement Tapes». Allerhand Leute sind vorbeigekommen, John Paul Jones, Nick Lowe, Chris Ballew von den Presidents of America,  Morris Windsor (Ex-Soft Boys), meine Nichte Ruby und Johnny Marr. Daneben machten wir am Ende von kleinen Tourneen Aufnahmen in Seattle und in Tucson, Arizona, und auf einmal liefen zwei Alben parallel. Mit der Zeit merkten wir, dass die Stimmung auf den beiden Sammlungen sehr unterschiedlich war. Die Songs von 2006 wirkten fragiler als die eher elektrischen, selbstsicheren Stücke von 2007. Da entschlossen wir uns ganz kurzfristig im November, uns aufs Fertigstellen dieser Songs zu konzentrieren. Ich habe es gern, wenn man nicht an einem Stück an einem Album arbeitet. Das passierte mir früher ein paar Mal, als ich bei Major Labels unter Vertrag stand. Nach drei Monaten war alles fertig, aber man hatte die Distanz zur Arbeit verloren und konnte nicht mehr abschätzen, was das Beste war für ein Lied. So, wenn die Lieder immer wieder ruhen können, fallen einem immer wieder neue Details ein, die passen könnten, oder man merkt, dass ein bestimmter Overdub ein Fehler war.

Warum glauben Sie hat ihre so englische Muse in den USA eine grössere Resonanz ausgelöst als in Ihrer Heimat?


Monty Python, würde ich sagen. Monty Python waren eine moderne Version von Alice im Wunderland. Eine Alice im Wunderland

für die Ära der Psychedelik. Man hat es zwar unter Comedy eingeordnet, aber es war etwas anderes. Sie haben den Weg geebnet für mich. Indem ich in meinen Liedern auf Dinge hinwies, die ziemlich englisch waren, habe ich sie wohl an Monty Python erinnert. Roadsongs zum Beispiel. In Amerika singen sie über St. Louis und Oklahoma City und die Golden Gate-Brücke und all die Dinge, und das klingt unglaublich romantisch. Aber wenn man – wie Billy Bragg bewiesen hat – über eine gewöhnliche englische Strasse wie die A13 singt, klingt es bloss banal. Als ich also mit einem Song daher kam wie «I Often Dream of Trains», sagten die Leute in England nur: ach, wie drollig, der singt über Basingstoke und Reading, haha. In den USA wiederum hat man das ganz anders empfunden. In vielen Kritiken wurde auch immer wieder ein Bezug hergestellt zwischen – wie man sagte – «der klaustrophobischen englischen Kleinstadtwelt von Robyn Hitchcock» und den Sketches von Monty Python. Den Engländern waren meine Lieder vielleicht ein bisschen zu hautnah. Heute scheinen sie sich daran gewöhnt zu haben.

Sie sagten vorhin, dass England eine Nation von Schlägertypen und Grossmüttern sei. Warum hat diese Nation so viel fantastische und innovative Musik hervorgebracht?

Man könnte vielleicht sagen – wo Schmerz ist, ist Grösse. Wir benützen auf Englisch ja gern das deutsche Wort «Angst» um einen