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das kulturelle überformat
Nr. 21 / 9. Februar 2009
#Interview mit Lily Allen
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musik
Interview mit Lily Allen

zur Verzweiflung getrieben hatte (den abwesenden Vater indessen herzlich wenig kümmerte), war nun ihr grosses Kapital. Während vielen Dekaden schon geniessen männliche Popstars das Recht, jederzeit die provokativsten Dinge sagen zu dürfen, ja zu müssen, ohne dass ihre Karriere dadurch negativ beeinflusst würde. Frauen, die sich dieses Recht zu eigen machen, auch wenn sie Erfolg haben möchten, waren noch immer eine echte Rarität. Allen leistete in dieser Hinsicht couragierte Pionierarbeit. Dabei herrschte zwischen ihrem Stil der Provokation und dem in Grossbritannien gerade dominierenden Comedy-Trend der «Erniedrigungskomödie» in einem wichtigen Punkt ein grosser Unterschied: Allen schlug kein Lachkapital daraus, Leute – Freunde, Feinde, Popstars – bloss der «Comedy» wegen fertig zu machen. Ihre bösen Sprüche machten Spass, weil sie oft das ausdrückten, was sonst niemand sich zu sagen getraute. Und wenn sie in ihren Texten obszön und/oder gemein wurde, dann deswegen, weil es zum sozialdokumentarischen Stil ihrer Geschichten eben gehörte – ausserdem steckte da immer auch noch eine feine Portion Selbstironie darin.

Als sie mitbekam, dass man ihr die Geschichte von wegen MySpace und Selfmade-Girl doch nicht ganz abnahm und insgeheim die Vermutung hegte, der prominente Papa habe da auch noch einige Fäden gezogen, meinte sie: «Also, schauen wir die Sache mal von meiner Seite an. Mein Vater ist ein peinlicher Typ, der Fussballlieder unter dem Namen Fat Les veröffentlicht. Wissen Sie, mit so etwas in Verbindung gebracht zu werden, wird mir in keiner Weise helfen, das zu erreichen, was ich erreichen will.» Ebenfalls

nicht zu widersprechen war ihrer Einschätzung von David Beckham: «Der ist doch nur noch in der Nationalmannschaft, damit sie Trikots verkaufen.» Dito Cristiano Ronaldo: «A dirty bastard.» Und Bob Geldof: «A cunt.» Derweil besang sie das traurige Leben mit einem Ex-Boyfriend unter dem Titel: «Not Big». Vielleicht schon ein bisschen gemein. Aber vielleicht doch «to the point».