nur noch zu dritt waren. In der Folge überschreibt der Autor seine Kapitel mit kurzen Titeln wie «Das lange Wochenende» oder «Folge mir», als wäre es eine Songkollektion, die in ihrer Summe die Leerstelle wieder füllen soll, die von Kim im Leben dieser Kleinstadt hinterlassen wurde.
Es gibt zurzeit keinen anderen Autor, der dem Beiläufigen mit derart präzisen Beschreibungen und Dialogen auf den Pelz rückt. Wenn die Polizei meint, jede noch so unscheinbar wirkende Kleinigkeit sei wichtig, so ist dies im Vergleich zu O’Nans Prosa abgestandene Rhetorik. Für die Hinterbliebenen wird jede Geste, jede alltägliche Routine und jeder Gegenstand zu einer Konfrontation mit dem Verlust. Der Alltag erinnert in seinem Ablauf unentwegt an das Fehlen einer Person. Und die Menschen versuchen in diesem Hürdenlauf der Erinnerung zu überleben und zu verarbeiten. Lindsay, die jüngere Schwester, erkennt in ihrer pubertären Haltung Vorteile darin, dass Kim nicht mehr da ist und versucht so über den Verlust hinweg zu kommen. Da ist der Vater, der ganz langsam aber stetig zu implodieren beginnt. Und die Mutter, die sich nach vorne flüchtet, und eine Webseite eröffnet, Gedenkanlässe organisiert und über die nationalen Medien neue Suchaktionen zu lancieren versucht. Es wird klar: es waren bereits Risse da, im Verhältnis der Personen zueinander, die aber in der Normalität unsichtbar geblieben sind. Jetzt brechen sie auf und am Ende wird alles hinterfragt – selbst die Dinge, die unter normalen Umständen bestens funktioniert hätten.
O’Nan leuchtet diese Zwischenräume aus, indem er die personale Perspektive von Kapitel zu Kapitel