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das kulturelle überformat
Nr. 21 / 9. Februar 2009
#Stewart O'Nan
  4/4
literatur
Stewart O'Nan

ändert. Manchmal wendet er einen eher unüblichen Trick an, in dem er mit der einen Person einen Raum betritt, danach ihn aber mit einer anderen wieder verlässt. So findet sich der Leser inmitten des beziehungsreichen Wechselspiels wieder. Es ist damit am Ende der Leser, der die Mosaiksteine zusammenführt und zu jener Figur wird, die den grössten Überblick hat. Der Autor fungiert da nur noch als gewiefter Zulieferer.

O’Nan hat diese Art der Berichterstattung des Hintergründigen zu seinem Markenzeichen gemacht. In seinem vorigen Roman «Letzte Nacht» schildert er den letzten Tag einer Filiale einer beliebten Restaurantkette. Das eigentliche Ereignis ist also bereits im Titel enthalten. Diesen Tag mit all seinen Einzelheiten und den Menschen, die da kommen und gehen, in Worte zu fassen, die die Leserschaft bis zur letzten Zeile in Bann halten: das ist die grosse Kunst dieses Autors. Und wenn in «Alle, alle lieben dich» dann vielleicht irgendwo später im Buch doch noch ein kleines Thriller-Element auftauchen sollte (verraten wird das an dieser Stelle nicht), dann hat man als Leser bis dahin für sich die Spannung längst in den scheinbaren Beiläufigkeiten gefunden.

Rudolf Amstutz



Stewart O’Nan. Alle, alle lieben dich. Rowohlt. 416 Seiten. Gebunden.
€ 19,90 / CHF 34,90
Leseprobe (pdf) »