Karlmann
Michael Kleeberg

ra. Michael Kleeberg, Schriftsteller («Das Tier, das weint») und Übersetzer (von Marcel Proust), präsentiert uns in «Karlmann» einen «ganz normalen» Vertreter der achtziger Jahre. Der Hamburger Karlmann Renn, der sich lieber «Charly» nennt, kommt aus guten Hause und heiratet gleich zu Beginn der Geschichte seine Traumfrau. Zudem gewinnt am selben Tag auch noch Boris Becker Wimbledon. Ob soviel gutem Omen für die Zukunft, ist der Leser zuversichtlich, dass da doch noch etwas kommen wird. Auf fast 500 Seiten tauchen wir in einen Alltag hinein, in dem nichts wirklich Grosses geschieht, in dem aber Kleeberg mit scharfem Blick die Normalität und die Banalität einer männlichen Existenz seziert. Die Grösse dieses Romans liegt nicht in der Handlung begründet, sondern in seinen Details, seinen Metaphern, Beschreibungen und Einsichten.

Michael Kleeberg. Karlmann. DVA Belletristik. Roman. 480 Seiten, gebunden.
€ 22,95 / CHF 39,90

Alles hat seine Zeit
Karl Ove Knausgård

ra. Der Norweger Karl Ove Knausgård machte mit seinem letzten Roman «Ausserhalb der Welt» bereits international von sich reden. Nun hat er ein mächtiges Werk abgeliefert, dessen Identität weit über die Definition des Romans hinausreicht. «Alles hat seine Zeit» transportiert alttestamentarische Geschichten in eine andere Zeit, um sie auf ihre Wirkung zu überprüfen. Vom 19. Jahrhundert bis hinein in die Gegenwart spannt der Autor die Flügel seiner Engel auf, um die Grundgeschichte der heiligen Schrift auf andere Art und Weise und aus neuer Perspektive zu überdenken und in unserer Gesellschaft zu verorten. Knausgård will nicht weniger, als die Neudefinition des Göttlichen. Dass er dabei nicht gescheitert ist, liegt darin, dass er in diesem Roman nicht eine für ihn bestehende Antwort zu transportieren sucht, sondern gewissermassen zeitgleich mit dem Leser nach ihr sucht.

Karl Ove Knausgård. Alles hat seine Zeit. Luchterhand. Roman. Aus dem Norwegischen von Paul Berf. 640 Seiten, gebunden.
€ 21,95 / CHF 38,90