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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Buch
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tipps
Buch

Schöner als der Tod
Boris Akunin

ra. Eigentlich heisst er ja Grigori Tschchartischwili und ist Philologe, Kritiker und Essayist. Doch wir kennen den Moskauer vor allem unter dem Pseudonym Boris Akunin, unter dem er zu den weltweit erfolgreichsten Kriminalautoren gehört. Jetzt hat er sich ins Reich der Toten begeben, genauer auf Friedhöfe. Wer die Faszination der grossen alten ehrwürdigen Ruhestätten dieser Welt kennt, wird sich über dieses Buch freuen. Akunin hat sie besucht: den Père Lachaise in Paris, den Greenwood Cemetery in New York, den Jüdischen Friedhof auf dem Jerusalemer Tempelberg, den Alten Donskoje in Moskau, den Highgate Friedhof in London und die letzte Ruhestätte für Ausländer in Yokohama. Sechs wunderbare Porträts über sechs aussergewöhnliche Orte, die es erlauben, aus unserer Zeit auszubrechen, die unendlich viele grossartige Geschichten zu erzählen haben und die uns oft mehr sagen über das Leben, als das Leben selbst.

Boris Akunin. Schöner als der Tod. Friedhofsgeschichten. Goldmann. Aus dem Russischen von Birgit Veit. 256 Seiten, gebunden.
€ 17,95
/ CHF 31,90

 

Die Unbeholfenen
Botho Strauss

ra. Vielleicht liest sich der Untertitel etwas hochgestochen: Bewusstseinsnovelle nennt Botho Strauss sein jüngstes Buch «Die Unbeholfenen». Strauss ist damit einmal mehr dem kollektiven Selbstbewusstsein auf der Spur und hält mit Kritik nicht zurück. In einem Haus im Gewerbegebiet ausserhalb einer Stadt treffen sich vier Geschwister und zwei Liebhaber, um sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Die Charaktere von Strauss sind «Laborratten», die in der Isolation zum Überdenken ihrer Handlungen und Überzeugungen gezwungen werden. In «Die Unbeholfenen» geht es um die Gegenwarts-Verblödung von Besserwissern, die in ihrer Arroganz nicht einmal bemerken, dass sie selbst unter der heute grassierenden Infodemenz leiden. Strauss entlarvt die – wie er sie nennt – «Plappermaschinen unserer widerlichen Öffentlichkeitsdarsteller». Das einzige, was dem Buch fehlt, ist der Ansatz eines Gegenentwurfes. Aber vielleicht kommt der ein anderes Mal.

Botho Strauss. Die Unbeholfenen. Hanser Verlag. Bewusstseinsnovelle. 128 Seiten, gebunden.
€ 12,90
/ CHF 23,70