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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Wiedergehört: Ornette Coleman, «Skies Of America» (1972)
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musik
Wiedergehört: Ornette Coleman, «Skies Of America» (1972)

Es ist ein mächtiges Werk von ungemeiner Kraft, eine Sammlung von musikalischen Themen, die Coleman auch vorher und nachher immer wieder verarbeitete. «School Work» vom Album «Science Fiction» erscheint hier als «The Good Life» und später, in den siebziger Jahren – zu «Free Funk»-Zeiten seiner Prime Time Band – kehrt das Stück als «Theme from a Symphony» zurück. Aber auf «Skies Of America» wird die Verspieltheit zugunsten eines klanglich komplex verwobenen Gemäldes fallengelassen. Das Werk, in dessen Mitte Colemans Saxophon solistisch die Wand aufzubrechen beginnt, ist für den Komponisten mehr als ein blosses Musikstück. Es ist ein Denkmal für ein Amerika, von dessen Existenz er überzeugt ist, das er aber im realen Leben nie erfahren hat. «Skies Of America» bringt den Jazz und Charles Ives in einen harmolodischen Einklang und trägt deshalb neben seinem poetischen Charakter und seiner melancholischen Kraft auch ein massives politisches Statement in sich. Und deshalb sollte man nicht nur regelmässig die Musik von Ornette Coleman hören, sondern sich auch dieses sperrige, sich erst in der Folge vollständig öffnende Werk dabei nicht vergessen.

Rudolf Amstutz


Das aktuelle Werk von Ornette Coleman heisst «Sound Grammar» (2007, Harmolodic Records) und erhielt letztes Jahr den Pulitzer Preis in der Sparte Musik.

Ornette Coleman – Official Website »