Vielstimmigkeit, in der immer beides enthalten ist: konsonante Zusammenklänge und dissonante Spannungen.
Doch Ornette Coleman, der seine Musik stets als eine klangliche Umsetzung von Poesie wahrgenommen hat, nutzt seit jehr nicht nur die Improvisation als Grundlage für seine Kunst. Im Gegenteil: seine zahlreichen und immer wiederkehrenden Stücke, die er für klassische Instrumente geschrieben hat, zeugen vom Drang, scheinbar Unvereinbares zu vereinen. Statt improvisierten Kompositionen bevorzugte er kompositorische Improvisationen. Das tat er etwa bei seinem legendären New Yorker Town Hall Konzert von 1962 mit Streichern oder kurz darauf mit der «Chappaqua Suite».
Coleman, der als Afroamerikaner in Texas vieles widerfuhr, was zurzeit in den aktuellen US-Vorwahlen wieder aufzubrechen droht, und der mit dreissig Jahren zum ersten Mal ein klassisches Konzert besuchte, schien vom Wunsch beseelt, schwarze und weisse Musik zu vereinen. Auf keiner anderen Platte tat er dies ebenso faszinierend wie irritierend wie auf «Skies Of America». In den Londoner Abbey Road Studios mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von David Measham eingespielt, klingt dieses rund 40-minütige symphonische Werk noch heute wie ein Monolith an der Grenze zwischen zwei Welten. Ursprünglich hätte neben dem Orchester auch noch Colemans Quartett mit Dewey Redman (Sax), Charlie Haden (Bass) und Ed Blackwell (Drums) beteiligt sein sollen, doch nach bürokratischen Einwänden der britischen Musikergewerkschaft beliess man es bei Coleman als einzigem Solisten.