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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Interview The Mars Volta
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musik
Interview The Mars Volta

Dreieinhalb Dekaden nach ihrer Blütezeit erhitzt «Progressive Rock» – oder einfach «Prog» – noch immer die Rockgemüter. Für die einen sind die verstiegenen Kompositionen von Yes das beste Argument dafür, dass es die Sex Pistols brauchte. Die anderen wollen mit King Crimson zeigen, wie bewusstseinserweiternd Prog sein konnte, wenn weder Tolkien noch Drogen Herr der Einfälle waren. Prog ist mit den Sex Pistols nicht einfach ausgestorben, obwohl die Genre-Bezeichnung nach Rick Wakemans Eistanz-Shows nicht mehr zu retten war. Die englischen Porcupine Tree oder die diversen Ableger der Gruppe Japan stehen klar in der Tradition von Prog Crimsonscher Prägung. Die amerikanischen Tool sind ein spannendes Exempel härteren Prog-Rocks. Die englischen Polar Bar wiederum, samt all den anderen Bands, bei denen Drummer Seb Rochford beteiligt ist, würden sich nie Prog nennen, können sich aber angesichts ihres so komplexen Jazz-Punk-Funk über die angedichtete Verwandtschaft nicht beschweren. Auch in den Bereichen Elektronika, Ambient, Hardcore und Noise lebt Prog – das zeigt die Lektüre des englischen Avantgarde-Magazines Wire – froh weiter. Und dann eben auch und erst recht mit The Mars Volta: eine Band, die nicht davor zurückschreckt, absurde aber – wahrscheinlich – ernst gemeinte Pressetexte wie die eingangs zitierten Zeilen über Goliath zu verteilen und ihren Alben Titel zu geben wie «De-Loused in the Comatorium» oder «Amputechture». Zum Lachen? Vielleicht schon. Aber die Musik, ein narkotisches Gebräu aus verwirrenden Rhythmen, exotischer Melodik und düsterer Geschichtenerzählerei, lässt rationale Bedenken schlichtweg nicht gelten.
Omar Rodriguez-Lopez, geboren in Puerto Rico, wuchs in El Paso, Texas, auf, wo er mit fünfzehn Jahren wie alle trendbewussten Amerikaner eine lärmige Hardcore-Band formierte. 1992, mit siebzehn Jahren, machte er sich per Autostopp auf, die USA kennenzulernen. Dabei entdeckte er vor allem Crack und Heroin. Ein Jahr später war er zurück in El Paso, wo er At The Drive-In beitrat, der Gruppe, die sein alter Kumpel Cedric Bixler-Zavala unterdessen formiert hatte.