In den USA wurde Ende Dezember eine Institution begraben: Tower Records. Jene Ladenkette, die den Megastore erfand. Dort, wo sich Regal an Regal reihte und in der Summe das kollektive stilübergreifende Gedächtnis musikalischer Geschichtsschreibung präsentierte. Tower Records war der Vater von Virgin Megastore. Altbacken bis zu seinem Ende, ungelenk aber sympathisch. Als warte der Laden auf das Ende der musikindustriellen Turbulenzen. Es wird schon werden, schienen die alten aus warmem Holz gezimmerten Gestelle einen sagen zu wollen. Am Ende – so schien es – werde das Album wieder seinen festen Platz haben. Dann, wenn die virtuelle Welt ineinander zusammenbricht und die mit digitalen Files vollgestopften Festplatten ihren Geist aufgegeben haben.
Den iPod gibt es in neuen Farben, noch kleiner, noch handlicher und mit noch mehr Fassungsvermögen. Tower Records dagegen gibt es nicht mehr. Die CD, so wie sie heute existiert, sei tot, erklärte letzten Oktober Alain Levy, CEO von EMI Records. Die Plattenindustrie hat ihren treusten Tonträger aufgegeben. Und dies, ohne ihn wirklich ersetzen zu wollen. Marktstrategisch wurde immer kurzfristig gedacht. Der Profit muss heute stimmen. Morgen ist morgen und vom Tag danach, da spricht heute noch keiner.
Der Künstler als Angestellter
Musik ist für die Plattenfirmen letztlich nichts weiter als ein kommerzielles Produkt. Und der Künstler ein Angestellter innerhalb dieses Dienstleistungsbetriebes. Das Geld liegt heute nicht mehr im Verkauf eines künstlerischen Produktes, sondern in den Einkünften des musikalischen Trägers. Der iPod ist der Hauptdarsteller, schick gekleidet, ein Accessoire, ohne dessen Besitz ein Mensch heute nicht auf der Höhe der Zeit erscheint. Die Musik dagegen, die ist bloss das Futter für den kleinen Player. Ein Konglomerat an Klängen, Harmonien und Melodien, auswechselbar, je nach Lust und Tageslaune.