nicht verübeln kann. Ein scharfer Westwind bläst gern über Wien, ungeduldig, böig und in heiseren Stössen, als wolle er den ganzen Spuk so schnell als möglich beenden, aber er hat keine Chance.
Die gosse Geisterstadt verändert sich, wie es scheint. Die Stadtverwaltung lässt beispielsweise Hochhäuser errichten, nicht in der Mitte, aber an den Rändern in Grüppchen. Es beflügelt die Stadt ähnlich wie ein modernes Mausoleum einen grossen, uralten Friedhof beflügelt. Es hat sich sogar die Gegend rund um die Stadt verändert. Vor zwanzig Jahren umgaben uns hier noch finstere Diktaturen, jetzt sind sie verschwunden, Demokratie prosperiert allerorten, aber an unserem Spuk hat das eigentlich nichts verändert. Wir haben hier Fernsehen und Zeitungswesen, kleine Teile davon sind gut, aber sie sind vollkommen infiziert von der Gespensterei. Die Redakteure, Feuilletonisten und Intellektuellen, die Betreiber der hiesigen Diskurse, sie sind ja selber Untote, und wenn sie leben, dann bringt sie der jahrelange Umgang mit dem Verstorbenen dazu, ein bisschen komisch zu riechen, wie Zappa gesagt hätte. Die Resignation und Unbeweglichkeit, dieser…äh…Öffentlichkeit, drückt der jungen Kunst aufs Hühnerauge. Denn wir haben herrliche Künstler, Beherrscher von Bildern, Worten, Melodien. Alte Grosskünstler, mitunter schon sehr auf der Gespensterseite, und die Jungen, vor Leben und Aufbruch triefend.
Wie lange die das aushalten? Ich teile mit solchen Jungen einen Keller, wo ich meine und sie ihre Musik spielen. Die Jungen bilden zwei Bands, die eine Band heisst Ja, Panik und singt deutsche Songs, die andere arbeitet auf Englisch und heisst A Life, A Song, A Cigarette. Diese Burschen machen meine Wiener Lieblingsmusik, ausserdem sind sie, bedenkt man mein Alter, sehr nett zu mir, wer weiss, vielleicht halten sie mich für einen Geist. Die Panik-Partie, hab ich jetzt gehört, möchte nach Berlin gehen, zwar auch eine teils verfluchte Stadt, aber eine, die nicht so ganz den Geistern gehört.