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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#CD
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tipps
CD

Marry Me
St. Vincent

ra. St. Vincent heisst in Wirklichkeit Annie Clark und war ursprünglich Gitarristin von Glenn Branca’s 100 Guitar Orchestra, bevor sie weiterzog und als Gitarristin und Backgroundsängerin für kurze Zeit bei The Polyphonic Spree Halt machte. Heute ist sie noch Tourgitarristin des verschrobenen Sufjan Stevens und seit kurzem auch Solokünstlerin mit eigenem Album. «Marry Me» verbindet die obige Laufbahn in einer Weise, die auch nach mehrmaligem Hören immer wieder verblüfft. Anfänglich läuft man Gefahr, sie irgendwo zwischen Freak-Folk und Feist anzusiedeln, doch ihre überraschenden kompositorischen Einfälle und ihre Arrangements lehren einen eines Besseren. St. Vincent spielt auf «Marry Me» nicht nur fast alle Instrumente selber, unter anderen auch Vibraphon und Orgel, sondern sie scheint bei The Polyphonic Spree (und vielleicht auch bei den Sparks) den Hang zu opulenten Chorarrangements entlehnt zu haben. Hier folgen auf das stille Piano und die brüchige Stimme gross-orchestrale Anfälle und laute Gitarrensoli. Eines der eindrücklichsten und vielversprechendsten Debüts seit langer Zeit. (Beggars Banquet)

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Trash Yéyé
Benjamin Biolay

ra. Er ist das Aushängeschild der «Nouvelle Scène» des französischen Chansons. Benjamin Biolay ist erst 34 Jahre alt und doch schon so etwas wie der legitime Nachfolger des grossen und einzigartigen Serge Gainsbourg. Biolay schreibt Lieder für Juliette Gréco, Françoise Hardy oder Henri Salvador und zeigt auf seinen eigenen Alben, dass Melancholie weitaus attraktiver ist als vorgespielte Coolness. «Trash YéYé» ist sein fünftes Album, auf dem er die Traditionen des klassischen Chansons mit dem urbanen Zeitgeist von heute koppelt. Dabei verweigert sich Biolay sämtlichen Moden und schert sich einen Deut um den Geschmack des Publikums. Während sein Kollege Bénabar zum Liebling der Massen geworden ist, geniesst Biolay mit Chansons zwischen kammermusikalischer Intimität und ausladender epischer Breite die Kunst im Stillen. Sein letztes (ebenfalls grossartiges) Album «A l’origine» war in Frankreich ein Flop. Bleibt also, für «Trash YéYé» ein besseres Schicksal zu erhoffen. Definitiv eines der besten Alben dieses Jahres. (Virgin)

Benjamin Biolay – Official Website »
Videoclip «Dans la merco Benz» »