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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Jochen Schmidt
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literatur
Jochen Schmidt

Schon als Kind macht man sich die Hände schmutzig. Wie soll man den Schmerz wieder gutmachen, den man der Mutter bei der Geburt bereitet? Vielleicht habe ich deshalb immer so schnell ein schlechtes Gewissen bekommen.
Jochen Schmidt

Eigentlich ist Jochen Schmidt einer, der live gut rüberkommt. Er ist Mitglied der Lesebühne «Chaussee der Enthusiasten» in Berlin. Dort wird regelmässig gelesen, manchmal auch bloss parliert. Aber stets gewitzt, pointiert – selten banal. Und wenn, dann liegt in dieser Banalität viel Philosophie verborgen. Meist geht es ums Leben heute – als ehemaliger Ostberliner in der heute vereinten Hauptstadt. Jochen Schmidt erzählt über sich, auch wenn nicht ganz alles autobiographisch zu nehmen ist. Und wenn er sich hinter einem Alter Ego verbergen will, dann nennt er es Jochen Schmitt mit Doppel-T, so wie sein Held in seinem Roman «Müller haut uns raus».

Schmidt, 1970 geboren, ein waschechter Ost-Berliner, wurde dieses Jahr zum Ingeborg-Bachmann-Preis eingeladen. Als Geheimfavorit galt er. Sein Text wurde von der Jury als «hochintelligent» gerühmt, doch Schmidt zog in den Stichwahlen den Kürzeren. Am Ende waren vier andere Autoren vor ihm platziert. Schmidt schrieb daraufhin dem Ingeborg-Bachmann-Preis einen offenen Liebesbrief, in dem er sein Herz ausschüttete: «Ach, wenn es wegen eines Anderen gewesen wäre, damit hätte ich leben können, aber gleich vier! (...). Ich sollte dich dafür hassen, dass du mir so das Herz rausreißt, aber das will mir nicht gelingen.»

Schmidt ist sich das Verlieren gewohnt. Zumindest will er uns dies denken lassen. Auch in seinem neuesten Werk mit dem Titel