Wie bei Carver scheint auch hier das ganze oft banal. Und wie bei Carver und in starkem Kontrast etwa zu Autoren deutschsprachiger Zunge, wird hier nicht mit den Worten experimentiert. In Europa flüchten sich viele der Kurzform wegen in eine Kunstsprache, in der die Form unterhält und der Sinn zweitrangig wird. Lydia Davis ist keine Wortakrobatin, eher eine Sprachkünstlerin. Nahe an der Dichtkunst sind ihre Texte und hinter jeder wohldurchdachten Beschreibung einer Handlung, steckt eine Fülle philosophischen Potenzials. Zudem besitzt sie Humor, oft verbirgt sie einen spröden, fast unmerklichen Witz hinter den Worten.
Like a tropical storm,
I, too, may one day become «better organized»
Lydia Davis, «Tropical Storm»
Dass Davis neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit vor allem Übersetzerin französischer Literatur ins Englische ist, könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb sie die Dimension ihrer eigenen Sprache besser analysieren kann als andere. Alle, die in mehreren Sprachen sich ausdrücken können, erhalten dabei eine neue Sichtweise auf die eigene. Dass nun mit «Fast keine Erinnerung» nun erstmals Geschichten auf Deutsch erscheinen ist lobenswert. Allerdings ist etwas unklar, weshalb man nicht ihr aktuellstes Buch, das vor einem Jahr erschienene «Varieties of Disturbance» übersetzt hat. Inhaltlich ist