Weshalb der jüdische Junge aus Brooklyn sich an seiner Heimatstadt sattgesehen hat, weshalb er aufgehört hat, seiner geliebten Kulisse New York Jahr für Jahr ein weiteres Denkmal zu setzen – die Antwort darauf liegt in einer Szene seines neuen Filmes «Vicky Cristina Barcelona». Da sitzen vier New Yorker gemütlich an der Sonne Spaniens beisammen und ihr Small Talk könnte nicht inhaltsleerer sein. Der New Yorker, den Woody Allen einst so liebte, ist seit «Sex and the City» zum hohlen Klischee verkommen. Der Intellekt hat sich sattgeredet und suhlt sich bloss noch in Privilegien und Statussymbolen.
Nicht, dass Allen deshalb auf die Stadt und den Sex verzichten würde. Er hat beides einfach verlagert. Nach seiner London-Trilogie, dem herausragenden «Match Point», dem eher lakonisch als Nebenprodukt hingeworfenen «Scoop» und dem ungewohnt düsteren Requiem «Cassandra’s Dream» ist nun Spanien an der Reihe. Barcelona gilt in Europa als the place to be und spielt somit die Rolle New Yorks perfekt.
Es wird die Geschichte zweier junger Freundinnen erzählt, beides Amerikanerinnen: Vicky ist von New York nach Barcelona gereist, um ihre Studien in katalanischer Kunst abzuschliessen. Begleitet wird sie von Cristina, die sich in Spanien vergnügen will. Die beiden könnten unterschiedlicher kaum sein. Vicky ist ernsthaft, gewissenhaft und einem wohlsituierten New Yorker Juristen versprochen. Die Hochzeit wurde bereits festgesetzt. Cristina dagegen nimmt das Leben wie es kommt. Ist tolerant, offen für alles und hungrig nach Abwechslung.