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das kulturelle überformat
Nr. 20 / 5. Dezember 2008
#In ihren eigenen Worten
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dossier: Baz Luhrmann
In ihren eigenen Worten

Baz Luhrmann, Sie sind bekannt dafür, cineastische Konventionen zu sprengen. Inwiefern gehört «Australia» dennoch zu einem konventionellen Genre?

Baz Luhrmann: Was Konventionen angeht, so folge ich gewissen Regeln und andere breche ich. Was «Australia» betrifft: ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter des epischen Films, einem Genre, das im Grunde genommen verloren gegangen ist. Heute sind Filme selten genre-übergreifend. Entweder sind sie ein Familiendrama, ein Liebesfilm oder ein Actionfilm. Wenn man das Ganze mit Essen vergleichen will, so sind die meisten Actionfilme für 17jährige Jungs gemacht und entsprechen damit McDonald’s. «Sex And The City» ist Pasta mit wechselnden Saucen für 40jährige Frauen und Kunstfilme sind Sushi.

Nicole Kidman: Pasta? (lacht) Also bitte…

Baz Luhrmann: Ja, ich weiss, der Vergleich ist wahrscheinlich falsch (winkt ab und grinst). Mit «Australia» wollte ich ein Bankett veranstalten. Ein Tisch, an den sich Jung und Alt gleichermassen setzen können, alles inklusive: Vorspeise, Hauptgericht, Dessert und ein paar gute Flaschen Wein. Das ist die DNA von Filmen wie «Gone With The Wind» oder «Giants». Wo ich die Regeln breche, ist zum Beispiel die Perspektive, aus der heraus diese Geschichte erzählt wird. Am Anfang wird sie vom Jungen erzählt, dann wechselt die

Perspektive rüber zu Nicole’s Charakter und später zu jenem von Hugh. Auf der einen Seite ist der Film also ganz und gar klassisches Kino, auf der anderen wird er ebenso von zeitgemässen Elementen getragen.

Finden Sie alles, was Sie sich vorgenommen haben, jetzt im Film wieder?

Baz Luhrmann: Es ist eine Tatsache, dass man das Bild und die Vision, die im eigenen Kopf besteht, nie zu hundert Prozent umsetzen kann. Aber ich glaube, es ist mir gelungen, einen Film zu machen, der alle ansprechen kann. Man könnte leicht sagen: Ach, dass ist ein Film über Australien, das interessiert mich nicht. Aber es ist nicht wirklich ein Film über Australien. Genau wie «Casablanca» kein Film über Casablanca ist. In «Casablanca» geht es um Flüchtlinge und in «Australia» geht es um ein Land fernab der Zivilisation, in dem die materiell denkende, europäische Lady Ashley sich wiederfindet. Und dieses weit entfernte Land verändert diese Frau, weil dort andere Dinge wichtiger sind, um zu leben und zu überleben. Ich glaube, dies ist der Kern des Films, der letztlich jede Art von Publikum anspricht