Michele Alassio, «The disembodied
lady» (Sacks series), 2002

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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Michele Alassio
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kunst
Michele Alassio

Michele Alassio verdient sein Geld mit Werbefotografie. Und dennoch: Menschen fotografiert der 1956 in Venedig geborene Fotograf keine. Er geht gar soweit und gibt den amerikanischen Ureinwohnern, den Indianern, recht, bei der Behauptung, dass eine Fotografie dem Menschen die Seele rauben würde. Als Künstler verweigert sich Alassio der Abbildung der vermeintlichen Realität, denn diese sei mit der temporär gefangenen Fotografie nicht zu erfassen. So fahndet er in langen Prozessen nach der Essenz des Unsichtbaren, um sie in grossformatigen Bildern, die auf Schwarzweiss- Fotografien basieren und auf Leinwänden aufgezogen, vom Künstler verfremdet werden, dem Betrachter zum subjektiven Dialog entgegenzustellen.

Seine Serie «Sacks» basiert auf Fällen, die der britische Neurologe Oliver Sacks (dessen aktuelles Buch «Der einarmige Pianist» soeben erschienen ist) in seinen zahlreichen Veröffentlichungen geschildert hat. Da Alassio selbst stark unter Migräne litt, fand auch er Antworten im Werk von Sacks. Diese haben ihn inspiriert, um mehrere «Wirklichkeiten» von neurologischen Erfahrungen in Bildern sichtbar zu machen. In der Serie «Next Stop» hielt er 2003 die Werke anderer Künstler im Rahmen der 50. Biennale von Venedig fest, um sein Credo von Zeit, Raum und der Interaktion zwischen Betrachter und Werk erneut zu untermauern. Zurzeit ist er mit einer Serie beschäftigt, in der er sich mit dem Werk von Jorge Luis Borges auseinandersetzt. Auch hier – so Alassio – geht es nicht um «die Illustration, sondern um die Essenz hinter den Worten».