Rutu Modan, «Blutspuren», Seite 65

Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine
  3/14
comic
Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine

Viele Partnerschaften werden aus praktischen Gründen in sogenannten «Arrangements» parkiert, andere brechen auseinander.

Papa Is A Rolling Stone

Es gibt natürlich noch andere Wege, der Langeweile zu entkommen. Der gängiste ist da der Seitensprung, der gelegentlich getätigt wird oder aber sich zur Liebesaffäre ausweitet. Solches verkompliziert den bürgerlichen Alltag meistens erheblich. Man kann jedoch die Mehrgleisigkeit auch zur Kunstform adeln, wie es die Bigamisten tun, deren grosse Cleverness es ist, die Affären auseinander zu halten.

Was auch immer Gabriel, den Vater des Hauptprotagonisten Kobi in «Blutspuren», motivieren mag: er wechselt als unverbesserlicher Womanizer permanent die Frauen. «Papa was a rolling stone, where ever he layed his hat, was his home» heisst es bei den Temptations. So, wie Gabriel nach einem Abenteuer, das stets eine gewisse Zeit dauert, von der Bildfläche verschwindet, so ziehen sich seine Spuren durch Rutu Modans Graphic Novel, ohne dass ihn der Leser je zu Gesicht bekommt. Immer verschwindet Gabriel Franco, wenn’s brenzlig wird oder wenn sich die unvermeidbare Langeweile breit zu machen beginnt. Gabriel kann teuflisch charmant sein, er weiss, wie man Frauen aufreisst und reinholt, und er weiss auch, wie man sie wieder los wird. Er hinterlässt bei seinen Lebensabschnittspartnerinnen jeweils ein bisschen, aber nicht zuviel Wut, denn der Lump hat sich meist schon innerlich verabschiedet, bevor die Affäre sich zur komplizierten Kiste entwickelt.