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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine
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comic
Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine


D
ie Liebe ist wie der Buddhismus: so einfach wie kompliziert, so banal oder gar brutal simpel wie gleichzeitig hochkomplex. Und die Liebe ist eine sowohl ansteckende wie chronische Krankheit, denn wer den Virus einmal in sich trägt, wird ihn nicht mehr los. Die Infizierung kann dabei auf verschiedene Weise und von unterschiedlichen Symptomen begleitet erfolgen. Mal trifft es einen unmittelbar und mit voller Wucht, mal schleichen sich die Gefühle wie langsam ansteigendes Fieber ein. Wen es gepackt hat, der klebt im amourösen Spinnennetz fest und je wilder man zur Befreiung strampelt, desto heilloser verstrickt man sich.

Proteste aus angeblich «coolen» Beziehungen mit «gleichberechtigten» Partnern hin oder her: einer der Involvierten ist in Zweierkisten immer die Spinne, der andere das Opfer. Ausgeglichenheit dürfte nur etwa dort herrschen, wo es um das zahlenmässige Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Spinnen geht. Der Verlauf vieler Liebeserkrankungen nimmt auf die Dauer eine fatale Wendung, denn an Stelle des Fiebers tritt fast unmerklich und oft die Langeweile. Anstrengungen, sowohl das Liebesfieber als auch die Langeweile loszuwerden, ohne dabei auf die angenehmen Auswirkungen der Liebe verzichten zu müssen, werden unternommen und durchprobiert, seit es die Menschheit gibt.

Da du die Freiheit mir zurückgegeben,
gönn, Liebe, mir noch lange ihre Wonnen;
mein Herz ist wieder so, wie ich’s bekommen,
nur mir gehört - mir nur Glück und Leben.

Doch willst du wieder, dass ich Glut empfinde
und, liebend, deine Allmacht anerkenne,
mach, dass mein Feuer nicht so heiss entbrenne,
und, wenn ich brenne, dass ich Mitleid finde.

Mir ist, du lockst mich wieder, stellst mir Fallen,
ich sehe Zeichen, und mir scheint, du kündest
von fern: «Dich werd ich noch einmal besiegen.»

O lass mir, Liebe, diesen kurzen Frieden,
du herrschst mit Hochmut gegen mich und findest
in meinem Schmerz nur, Liebe, dein Gefallen.


Gaspara Stampa (1523-15554), venezianische Dichterin und angebliche Kurtisane, deren Sonette von Rilke hochgeschätzt wurden