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das kulturelle überformat
Nr. 17 / 5. September 2008
#David Sedaris
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literatur
David Sedaris

In der Blogosphäre erfährt man ja alles. Die Menschen stehen frühmorgens auf und schreiben subito in ihren Blog: «Bin aufgestanden». Sie schreiben über sich (zu 99 Prozent) und über andere (um sich zu definieren). in millionenfacher Ausführung werden morgens Brote gestrichen, wird mittags gelacht und abends getrunken. Das Alltägliche ist dermassen ohne Filter als Rohkost nicht nur schwer verdaulich, sondern mit wenigen Ausnahmen auch völlig irrelevant für Aussenstehende. Man kann zwar einen Sitznachbarn im Flugzeug beschreiben. Oder das Frühstücksbuffet im Hotel. Aber mit Vorzug in zeitlicher Verzögerung. Damit zwischen Landung respektive Morgenkaffe die Reflektion Platz findet, um die Spannung hinter vordergründig Langweiligem ausmachen zu können.

Und wer eine völlig belanglose Schilderung eines völlig belanglosen Vorganges nicht spannend umzusetzen weiss, dem sei David Sedaris als Weiterbildung empfohlen. Er verhält sich zum amerikanischen Alltag wie Max Goldt zum deutschen. Seine ungemein klare, präzise Sprache, sein Sinn für das lachende Auge in todernsten Situationen und der subtile Umgang mit Humor macht ihm so schnell keiner nach. «When You Are Engulfed in Flames» nennt sich seine neueste Sammlung von Texten in der amerikanischen Originalausgabe. «Schöner wird’s nicht» heisst das Buch auf deutsch. Immerhin  ist auf beiden die Van Gogh-Skizze eines rauchenden Skeletts abgebildet, die mit beiden Titeln auf ihre Art korrespondiert.