New Yorker Erinnerungen: Wenn in meinem Freundeskreis über eine verrückte Person diskutiert wurde, kam sofort als Running Gag die Vermutung auf, es müsse sich dabei wohl um einen Kanadier handeln. Wer Montreal und Toronto besucht hat, weiss, dass daran, wie an jedem Klischee, ein Funken Wahrheit glimmt. Vielem in Montreal oder gar Quebec City, diesen einzigartig-eigenartigen frankophonen Städten, haftet ein merkwürdig dekadentes Flair an, das nur schwer zu beschreiben ist, aber oft auf die Leute abfärbt. Dazu kontrastieren dann stets die Kapriolen und Schnippchen, welche die rohe Natur im hohen Norden den Menschen schlägt. Es kann zum Beispiel mitten im April meterweise Schnee fallen und dergleichen mehr. Einfach nicht normal. Aber immer interessant, witzig und charmant.
Was wenig bekannt ist: Kanada besitzt eine rege und innovative Comic-Szene, von der in diesem Magazin später einmal noch näher die Rede sein wird. Und natürlich handelt es sich bei vielen der vorwiegend in Montreal und Toronto lebenden Zeichnerinnen und Zeichnern um ziemliche Exzentriker. Irgendwie gilt das auch für Michel Rabagliati. Dieser 1961 in Montreal geborene Grafiker und Illustrator war schon als Kind Comic-Fan, orientierte sich aber im frankophonen Umfeld seiner Heimatstadt nicht an den US-Superhelden, sondern an Tim und Struppi (Tintin et Milou), Gaston und Asterix. So, wie einige andere «kultivierte» kanadische, aber auch us-amerikanische Illustratoren, die sich ästhetisch von europäischen Traditionen inspirieren liessen.