Chris Blackwell feiert dieser Tage seinen 72. Geburtstag. Er sieht nicht unbedingt so aus, wie man sich einen Multimillionär in diesem Alter und einen Inhaber von diversen Exklusivhotels in Jamaika vorstellt. Mit seiner Jeans & T-Shirt-Montur würde er in einem der abgeschossenen Pubs von Notting Hill nicht auffallen. Ausser, dass sein Gürtel die Nationalfarben von Jamaika trägt. «Jamaika, da liegen meine Wurzeln, ganz eindeutig», sagt er und lässt sich ins tiefe Sofa in seinem Londoner Büro fallen. Als er sich einst in diesem noblen, weissen Reihenhaus einmietete, war Notting Hill noch weit davon entfernt, das teure Boutiquenpflaster von heute zu sein. Die Portobello Road gleich um die Ecke war das Mekka der Marijuana-Konsumenten. Ein paar Schritte weiter westlich am Ladbroke Grove wohnte die Raga-Rockgruppe Quintessence. Ein paar Schritte weiter östlich befand sich das in einer alten Kirche eingerichtete Basing Street Studio, in dem in den 1970er Jahren alle Island-Bands ihre Platten aufnahmen (heute gehört das Studio dem Produzenten Trevor Horn und heisst Sarm Studios).
Jeden Sommer unternimmt Blackwell noch eine Europatournee, sonst verbringt er seine Tage in der karibischen Sonne. Der Trip ist in diesem Jahr aussergewöhnlich arbeitsintensiv. Universal Music, der Konzern, dem er vor elf Jahren Island Records verkaufte, nutzt das 50-Jahr-Jubiläum des Labels dazu, um mit einer grossangelegten Vermarktungskampagne – einem Buch, einer Fotoausstellung, einer Konzertserie und einer Reihe von wiederaufgelegten Albumklassikern in Deluxe-Ausgaben – ein bisschen