Reisen kann jeder. Nur im «wie» – da unterscheiden sich die Menschen. Wird man in der Fremde bloss nur mit dem Eigenen konfrontiert? Überprüft man überhaupt die eigene Perspektive anderswo oder lässt man es sich dort an Stränden und in Boutiquen bloss gutgehen?
Wer liest, hat Paul Auster einmal gesagt, kann von zu Hause die ganze Welt bereisen. Wie wahr. Doch unterwirft man sich auf diese Art stets der Perspektive des Autors. Es gibt eben gute und schlechte Reiseliteratur. Ein grosser Teil davon sagt eigentlich wesentlich mehr aus über den Horizont des Schreibenden als über die Welt da draussen.
Um von daheim aus die Welt zu bereisen, dafür benötigt man einen wie Ilija Trojanow, den man deutscher Schriftsteller nennt, obwohl er doch eher ein schreibender Weltbürger ist. 1965 in Bulgarien geboren, flüchtet die Famile 1971 zunächst nach Deutschland. Nur ein Jahr später zieht die Familie nach Kenia weiter. Trojanow besucht in Nairobi die deutsche Schule, macht in Ostafrika Abitur. Danach wieder Deutschland. In der Folge Reisen nach Mekka, Südafrika, Tansania. Und immer wieder nach Indien. Trojanows Perspektive war nie ein starrer, von der Kindheit geprägter Aussichtspunkt. Seine Weltsicht erhielt sich die flüssige Form und seine Neugier wurde immer angetrieben durch den Willen, das Andere, das Unbekannte kennen und verstehen lernen zu wollen.
Sein Roman «Der Weltensammler» von 2006 zeichnete die Stationen eines ihm Geistesverwandten nach: jene des englischen Entdeckers Richard Francis Burton (1821-1890). Mit einer unmittelbaren der Gegenwart sich anschmiegenden Sprache vermischte er die Vergangenheit mit der eigenen Existenz und entwickelte damit einen Sog, in den sich selbst der anfänglich zurückhaltende Leser genüsslich hineinziehen liess.