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das kulturelle überformat
Nr. 15 / 5. Juni 2008
#Punks und Fussball
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dossier: Fussball
Punks und Fussball

Ein paar Jahre lang tat sich die Polizei schwer darin, in diesem Meer vorstädtischer Normalität die wahren Hooligans herauszupicken. Ausserdem hatte ihr Versuch, in den Stadien selber für Ordnung zu sorgen, bloss dazu geführt, dass die Hooligans ihre Männlichkeitsrituale nun in den Strassen ums Stadion und in den Stadtzentren inszenierten. Mehrere tragische Ereignisse gaben der Regierung im Kampf gegen die Fussballfans – so wurde das nun aufgezogen – Carte blanche. Zuerst, am 11. Mai 1985, brannte eine hölzerne Tribüne des FC Bradford City ab, 56 Todesopfer waren zu beklagen. Es hatte nichts mit Hooligans zu tun, passte aber ins Bild, dass Fussballplätze gefährliche Orte waren.

Dann, am 29. Mai 1985, kam es während des europäischen Meister-Cupfinales zwischen Liverpool und Juventus im Heysel Stadion zu Zusammenstössen von Fans auf den Tribünen. 39 Fans verloren ihr Leben, 454 wurden verletzt (eine Untersuchung ergab, dass das baufällige Stadion und das ahnungslose Verhalten der Polizei erheblich dazu beitragende Faktoren gewesen waren). Im ganzen Land und im Ausland kam es zudem zu einer Reihe von Fussball-Krawallen. So war es nur allzu einfach, Fussballfans als eine Horde von Barbaren abzustempeln.

Bestimmt glaubte die Regierung, leichtes Spiel zu haben, als sie ein Gesetz einführen wollte, wonach jeder, der einen Fussball-Match besuchen wollte, künftig eine Identitätskarte vorweisen müsste. Nun sind solche Karten in Grossbritannien ein heikles Thema – bis jetzt steht es jedem Briten frei, ob er etwa einen Pass beantragen will. Das Konzept einer obligatorischen Identitätskarte wird weit herum als inakzeptable Einschränkung der persönlichen Freiheit erachtet. Die Thatcher-Regierung erwartete bei ihrer Ankündigung einer Fussball-ID aber wohl kaum Gegenwehr. Schliesslich waren Fussballfans ein apolitischer Haufen von ungebildeten Halbstarken. Die Klubs selber waren in keiner Position, sich zu wehren. Die Zuschauerzahlen waren in den vorangegangenen Jahren stark gesunken. Das TV-Publikum war dermassen geschrumpft, dass