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das kulturelle überformat
Nr. 24 / 12. Mai 2009
#Lola Randl: «Die Besucherin»
  4/5
film
Lola Randl: «Die Besucherin»

Es wird in «Die Besucherin» klar, dass Lola Randl nicht darauf aus ist, eine plausible Realität abzubilden. Vielmehr ist ihr Drehbuch eine Versuchsanordnung, um sich dieser Realität anzunähern. Es geht um den Ausbruch aus dem Alltag, um die Sehnsucht nach einem Leben, das nicht zentnerschwer mit Verantwortung überladen ist. Aber es geht auch um die Unmöglichkeit einer Alternative, weil die Menschen ihre Biografien mitnehmen in diese andere Welt. Auch wenn Agnes und Bruno sich immer wieder treffen, während Agnes abends rechtzeitig zum Abendessen nach Hause zu Mann und Kind fährt, so wissen doch beide, dass die Gegenwart und die Vergangenheit ihre völlig wertfreie Beziehung irgendwann überrumpeln wird.

Lola Randl zeigt dies in subtilen Bildern, in denen sie den beiden hervorragend dargestellten Hauptprotagonisten viel Raum und Zeit lässt. Manchmal geht die Filmemacherin fast brutal nahe an die Personen heran, anderswo unterstreicht sie mit den inszenierten Bildern die nicht überbrückbaren Distanzen. Dass sich Agnes auf einer Gradwanderung befindet, ist offensichtlich. Die gelebte Routine des Familienalltags wird nie mehr sein wie früher, die alternative Beziehung wird sich in jenem Moment verflüchtigen, wenn man sich voneinander zu erzählen beginnt.

«Die Besucherin» ist ein atmosphärisch dichter Film, packend und beklemmend zugleich. Lola Randl ist etwas gelungen, dass weitaus erfahrenen Filmemachern nicht immer gelingt: Wahrheiten des Lebens, auch die schmerzlichen, in Bilder zu fassen.