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das kulturelle überformat
Nr. 14 / 8. Mai 2008
#Interview mit Mira Sorvino
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dossier: Reservation Road
Interview mit Mira Sorvino

Und seitdem sind Sie leidenschaftlicher engagiert als je zuvor.

Ja. Als ich 2004 in Washington war, um auf die Krise in Darfur aufmerksam zu machen, betitelte Colin Powell nur einen Tag später die von uns geschilderten dortigen Vorfälle als Genozid und wir dachten, jetzt haben sie es auch im Weissen Haus begriffen. Seitdem ist nicht viel geschehen. Die sudanesische Regierung ist ein Alliierter im Krieg gegen den Terror. Der Täter als Verbündeter. Nun ja (seufzt) – ach, lassen Sie uns wieder über «Reservation Road» sprechen (lächelt).

Im Film lässt sich gut erkennen, dass der Vater und die Mutter den Verlust des Kindes anders verarbeiten. Denken Sie, dass es einen Unterschied gibt, wie Männer und Frauen mit solchen Schicksalsmomenten umgehen?

Schwierig zu sagen. Vielleicht fällt der Mann in eine seinen Ur-Instinkten zugeordnete Rolle. Aber nehmen Sie nur mal Margaret Thatcher, mit ihr lässt sich schwer eine geschlechtsspezifische Beweisführung untermauern (lächelt). Ich weiss die Antwort nicht. Es ist wie dieser Tony Bennett-Song «If I ruled the world». Würde ich dann etwas anders machen? Natürlich. Aber ob das damit zu tun hat, dass ich eine Frau bin? Ich weiss es nicht. Im Film ist es so, dass die Mutter instinktiv die Familie erhalten will, während der Vater das Gefühl hat, ihm wäre durch den

Verlust die Kontrolle genommen worden. Er reagiert in einem Mass, das die Vermutung nährt, er glaube, er könne etwas tun, um das ganze wieder in Ordnung zu bringen.

Er will Rache…

Ja. «Vengeance is mine» im biblischen Sinne. Doch der Vater verändert sich und erhält eine humanistische Einsicht, weil er dem Täter in die Augen sieht. Die Konfrontation löst die Einsicht aus, sie ist gewissermassen der reinigende Prozess.

Sie sind zweifache Mutter. Wie bringen Sie Ihre Schauspielerei und Ihre politischen Aktivitäten mit der Familie unter einen Hut?

Es ist unglaublich hart. Ich weiss nicht, wie dies Mütter schaffen, die daneben noch einen Vollzeitjob haben. Als Schauspielerin kann ich mir die Zeiten aussuchen, in denen ich arbeite. Ausser man hätte eine Rolle in einer Fernsehserie, da wäre man dann auch Vollzeit engagiert. Ich habe solche Engagements immer wieder abgelehnt. Es gibt Momente, da will ich nichts lieber, als zuhause zu bleiben, um für meine Kinder da zu sein. Ich könnte mir finanziell diesen Luxus leisten. Doch dann packt es mich wieder und ich muss etwas machen. Wenn ich aber zuhause bin, dann kommt auch kein Kindermädchen ins Haus. In New York ist das seltsam, wenn du mit den Kindern in den Park gehst und du bist die einzige Mutter inmitten von Nannys. (lächelt)