Roni Horn, «Opposite of White, v. 1», 2006
The artist and Hauser & Wirth Zürich London
© Roni Horn, Solid cast glass, Höhe 38.1 cm,
Durchmesser 101.6 cm


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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Roni Horn
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kunst
Roni Horn

Gleich rechts beim Eingang steht der erste von vielen Sprachbalken an die Wand gelehnt. Der merkwürdige Satz, der darauf steht, ist ein Zitat aus einer Notiz der Dichterin Emily Dickinson: The mind is such a new place last night feels obsolete heisst es silbrig auf weiss (Der Geist ist ein derart neuer Ort, dass die letzte Nacht bereits überholt zu sein scheint). Horn selber sagte in einem Interview zum Thema «Identität» folgendes: «Die veränderliche Version von Identität ist nicht die Abweichung...die fixierte Version ist die Abweichung.»

Identität als Funktion einer ständig weitergehenden Veränderung – es ist das Grundthema von Horns mannigfachen Arbeiten, um das sich alles dreht. «Androgynität bedeutet die Möglichkeit, dass eine Sache multiple Identitäten enthält», schrieb sie im Jahr 2003 in einem Brief an den MoMA-Kurator Paulo Herkenhoff, «die Integration von Unterschieden, nicht das Ausschliessen, ist die Basis einer Identität. Du bist dies und dies und das...».

Ähnlich ist es mit den Skulpturen, Zeichnungen, Fotoserien, Büchern, Ameisenkolonien und allem, was sonst noch Platz hat am breiten Horizont der 53jährigen New Yorkerin: was in unserer Interpretation heute dies ist, wird morgen das sein und übermorgen jenes. Jedenfalls dann, wenn wir den Ausstellungsstücken Gerechtigkeit antun wollen. Das Vorwort des Ausstellungskatalogs beginnt mit einem weiteren Zitat von Horn: «Ich gehe von der Idee aus, dass jedes Werk in sich selber abgeschlossen sein soll. Man geht hinein, man setzt sich mit dem Erlebnis