Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 3 / 27. März 2007
#Porträt Anna Sommer
  4/7
comic
Porträt Anna Sommer

enthält zündende und böse Moritaten. Eine der aberwitzigsten: Der Hausfreund erlegt auf der Pirsch den Jäger, der anschliessend von dessen Frau gehäutet wird, worauf sein «Fell» beim flotten Dreier mittun muss. Ihre Geschichten seien reine Erfindungen und sie möge eben Makaberes, kommentierte Sommer damals ihre Auffassung von Comic.

 

Diesmal aber wollte Anna Sommer aus ihrem Leben erzählen, auch wenn sie dieses für wenig spektakulär hält. «Gibt das überhaupt etwas her?», fragte sie sich. Denn: weit und breit kein spinniger Bruder, der einen zu ausufernden Phantasmagorien inspirieren könnte, keine evangelikalen Eltern, die die Kinder spirituell terrorisieren, keine versifften Punk-WGs. Sommers Background ist dabei gar nicht weit von demjenigen eines David B entfernt, denn auch ihre Eltern waren waschechte Achtundsechziger, deren Lebenshaltung aber nicht dauernd durch die gravierende Krankheit eines Familienmitgliedes destabilisiert wurde, was David B dann später eben attraktiven Stoff für seine Comic-Bio lieferte. Anna Sommer aber – und das ist ein Novum im Comic – schildert «normale» Episoden aus einer offenen 68er-Jugend wie sie schöner nicht hätte verlaufen können.
Was absolut nicht langweilig daher kommt, auch wenn hier nirgends – wie etwa bei Satrapi – via schrecklich islamistische, soziale und sexuelle Bandagen attraktive und oft unfreiwillig galgenhumorige Action entsteht, welche man bei uns als stieres Exotikum mit schadenfreudigem Voyeurismus goutiert. Anna Sommer wuchs frei auf, sozusagen unter dem Motto und in Abänderung eines Textes einer englischen Wave-Band der siebziger Jahre: «Grow up in the west and you’re halfway to heaven». Der Himmel aber kann, siehe Dante, bekanntlich ziemlich langweilig sein.


Gleich die erste, «Auf dem Land» betitelte, Geschichte demonstriert jedoch die narrativen Stärken von Sommer, die aus alltäglichen Dingen allemal Interessantes zu destillieren weiss. Ihre Eltern