Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 21 / 9. Februar 2009
#Franz Ferdinand
  2/8
musik
Franz Ferdinand

Aus der Ferne sieht die Tätowierung am Hals von Franz Ferdinand-Schlagzeuger Paul Thomson wie eine klaffende, tödliche Wunde aus. Von der Nähe betrachtet, entpuppt sie sich dagegen als rote Rose. Gitarrist und Keyboarder Nick McCarthys launiges Bühnengrinsen erscheint auf kurze Distanz wiederum als beinahe bedenklich irrer Blick. Und aus der Perspektive des Standorts seitlich hinter dem Bassverstärker kann man erst die anerkennenden Blicke ausmachen, die Sänger Alex Kapranos seiner Rhythmusgruppe zuwirft, wenn er dem Publikum seinen lederbejackten Rücken zukehrt. «Aye, das ist einmal was Neues, euch auch sehen zu können», sagt er nach dem Verklingen der letzten Akkorde von «Bite Hard» ins Mikrofon. Das Vergnügen ist ein gegenseitiges.

In einem der letzten grossen Megastores von London haben Franz Ferdinand unter dem ungewohnt nüchternen Licht der Neonröhren ihre Verstärker aufgestellt, um mit einem kleinen Instore-Gig die Veröffentlichung ihres dritten Albums «Tonight» zu feiern. Schon jetzt, nach ihren ersten paar Live-Shows mit neuem Material, wird klar, dass die Wandlung dieser Band wesentlich weiter geht, als dies auf ihrem neuen Album zu hören ist. Die alte Formel der der Discomusik entliehenen Four-To-The-Floor- Basstrommel, kombiniert mit schrillen New Wave-Riffs hat sich inzwischen merklich ausdifferenziert und ist einer erstaunlich glaubhaften Mischung aus sattem Funk und teils überraschend schwerem Garagen-Rock gewichen. Alte Gassenhauer wie «Take Me Out» oder «This Fire» haben sich zwar nicht radikal verändert, aber anstelle der alten Zappeligkeit doch eine gewisse lockere Rundheit erlangt. Und nachdem neue Songs wie «Turn It On» oder «Live Alone» schon seit Wochen im Internet zirkulieren, können die Fans ihre Parts das ganze Set hindurch auswendig mitsingen.

Selbst für eine Band in Franz Ferdinands Grössenordnung ist es heute nicht mehr so leicht, ihr Publikum zum Kauf von Tonträgern