Christopher Carley (Father Janovich) und
Clint Eastwood (Walt Kowalski) in «Gran
Torino» / © 2009 Warner Bros. Pictures.
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artifiziellen Rhythmus. Formale Spielereien sind ihm fremd. In diesem Sinne ist er auch der europäischste Filmemacher Amerikas. Ein Erzähler der klassischen Schule, der seine Gesellschaftskritik still und leise, aber nicht minder heftig, hinter einer meist einfachen Geschichte verbirgt. Wenn er in «Unforgiven», diesem grossen Abgesang auf den Western, einen Sheriff zeigt, der sich einen Biographen leistet, der der Nachwelt ein falsches, viel zu heldenhaftes Bild überliefern soll, dann begräbt er nicht nur ein Filmgenre, sondern den historischen Mythos an sich. In «Million Dollar Baby» scheut er sich nicht, ein Statement zur aktiven Sterbehilfe abzulegen, in «Mystic River» verurteilt er die gesellschaftliche Dynamik, die von Unwissen, Furcht und Hass getrieben, zur Verfolgung eines Unschuldigen führt. In «Flags Of Our Fathers» kritisiert er die Kriegspropaganda zu politischen Zwecken, in «Changeling» die Korruption der Mächtigen und in «Gran Torino» den Fremdenhass, der sich aus der eigenen Verbitterung nährt.
Vielleicht kann sich Eastwood selbst nicht entscheiden zwischen dem Kollektivdenken einer Demokratie und dem kapitalistischen Egoismus. Aber in dieser spannungsreichen Ambivalenz liegt das Wesen der amerikanischen Seele begründet. Und in derselben Ambivalenz sind auch seine Filme beheimatet. Gepaart mit der europäischen Handschrift und der Bescheidenheit ihres Urhebers, ergibt sich daraus grosse Filmkunst. In ihren mittelmässigen Momenten immer noch weit über dem Durchschnitt und in ihren besten für die Ewigkeit bestimmt.