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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Porträt
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dossier: Stephen King
Porträt

Die kalte Schönheit des Mondgesichts suggerierte ihr, das unterschwellig Wahrnehmbare sei letztlich doch glaubhafter: ein Gott, der nicht wusste, dass er – oder es – ein Gott war, ein Gott ohne Interesse an verirrten kleinen Mädchen, ohne wirkliches Interesse an irgendetwas [...] dessen Verstand einer schwirrenden Insektenwolke glich und dessen Auge der ferne, leere Mond war.
Stephen King, aus «The Girl Who Loved Tom Gordon»

Vor sieben Jahren lud mich das Wiener Literarische Quartier «Alte Schmiede» zu einer Lesung aus meinem Roman «Doktor Paranoiski» nebst Bonus-Track im zweiten Teil.

Was die feine Diktion der «Alten Schmiede» als «Selbstporträt mit einem literarischen Gegenstand» umriss, war in Wahrheit die Einladung, eigentlich die Aufforderung, allerhand zu gestehen: Was, Bruder, liegt unter deinem Polster, deinem Bett, ja, deinem Teppich? Ohne was kannst du unter keinen Umständen, sagen wir, schreiben? Was oder wer begegnet dir in gewissen Stunden, auf dem Dachboden, im Keller, auf dem Klo? Was hat dich zu dem gemacht, was du bist? Womit schläfst du am besten ein? Mit einem Wort: dein literarischer Gegenstand!

Ich entschied mich für das Werk meines Lieblingsschriftstellers, dessen Bände, morphologisch an Speckschwarten oder vergessene Dessous toter Huren erinnernd, bei mir zu Hause herumliegen. Dieser mein Lieblingsschreiber lebt in einer eher abgelegenen Ecke eines großen Landes, das ich in meinem ganzen Leben noch nicht betreten habe, auch wenn mir das manche Leute nicht glauben, der USA. Genauer: Er lebt in Maine, dem Staat, in dem er auch geboren ist, mit seiner Frau Tabitha – «dieser geheimnisvollen Truhe voller