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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Wahlkampfzentrale (3)
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360°
Wahlkampfzentrale (3)

Ralph Naders Unfähigkeit des «bigger picture» könnte man auch einem Kandidaten vorwerfen, der sich jetzt noch einmischen würde. «The Third Man» könnte man ihn nennen, nach dem Thriller von Carol Reed, weil er bis zum 5. März im Dunkeln verharren muss. Denn erst dann kann sich ein Parteiloser zur Wahl stellen. In Frage kommt nur einer, der in allen möglichen Situationen die Absicht dementiert: Michael Bloomberg, Bürgermeister von New York. Von Haus ein Demokrat, der sich danach als Republikaner ausgab und nun ohne Partei dasteht. Wegen seiner umweltfreundlichen Stadtpolitik hat ihn die Rechte auch schon verächtlich «tree hugger Bloomie» genannt.

Bloomberg ist der einzige, der es potenziell schaffen könnte, im November als Dritter zur Wahl zu stehen. Denn: es braucht Geld. Viel Geld. Und Bloomberg besitzt ein Vermögen. Der Milliardär, der als Stadtpräsident freiwillig gerade mal einen symbolischen Dollar Gehalt bezieht, müsste in allen fünfzig Staaten Petitionen einreichen, um letztlich auf dem Wahlzettel zu landen. In Texas ist dies ab dem 5. März möglich. 74'000 Unterschriften bedürfte es dort, um angenommen zu werden. Fachleute schätzen, dass Bloomberg bis zum Wahltag rund eine Millarde Dollar aufwenden müsste. Für Bloomberg wäre dies verkraftbar. Doch die New Yorker wollen von den geheimen Plänen ihres obersten Beamten nichts wissen. Zu gut ist ihnen noch John Lindsays Wahlkampagne von 1972 in Erinnerung. Der damalige Mayor of New York kam seiner ursprünglichen Arbeit nicht mehr nach. Und sowas goutieren die Menschen im Big Apple gar nicht…
Rudolf Amstutz