Tell Me Everything, 1987
Silkscreen and acrylic on canvas
© Richard Prince

Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 9 / 6. November 2007
#Richard Prince
  7/13
kunst
Richard Prince

Jahre vor Brookes Erfolg als «Pretty Baby» im gleichnamigen Film von Louis Malle – aufnahm, unter dem Titel «Spiritual America» und mit einem Goldrahmen versehen 1983 in einer Ladengalerie in der Lower East Side ausgestellt. Die Reaktion blieb nicht aus. «Dieses Bild war verstörend, völlig ausser Kontrolle, wie aus Dantes ‹Inferno›. Das war genau der Punkt, warum ich es ausstellte und ‹Spiritual America› nannte – in Anlehnung an Alfred Stieglitz’ Fotografie eines kastrierten Pferdes. Ich stellte das Bild in einen anderen Kontext und rettete es damit in gewisser Weise», sagte Richard Prince gegenüber dem art-magazin. Für den Künstler spiegelt dieses irritierende Bild und dessen kontroverser Hintergrund – Brooke Shields hatte die Verbreitung des Fotos angesichts ihrer steigenden Popularität angeblich gerichtlich verhindern wollen – die zwei Seelen in der amerikanischen Brust: die Sehnsucht nach Anerkennung um jeden Preis und die puritanische Gesinnung, die sich einem dabei in den Weg stellt.

«Spiritual America» ist auch der Titel der Retrospektive. Nancy Spector, Chefkuratorin im Guggenheim Museum, hat in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler die Ausstellung gestaltet, die die Auseinandersetzung mit der amerikanischen Alltagskultur in den Vordergrund stellt.

Zu dieser gehören zweifellos auch die Cartoons und Witze, die Prince in Grossbuchstaben auf grosse monochrome Leinwände malte. «I went to see a psychiatrist. He said, ‹Tell me everything.› I did, and now he’s doing my act.» Dieser «One-liner» beschreibt einen unerlaubten Akt der Aneignung, mit dem Richard Prince den kreativen Prozess für eine ganze Generation von Künstlern neu definierte.