Impulsen motiviert wird, deren Herkunft und Tragweite dem «Täter» nicht sofort klar sind. Als Marxisten waren sie sich auch der Veränderungen bewusst, welche die industrielle Massenproduktion von Konsumgütern bewirkt hatte. Statussymbole wurden nun in Massenquantitäten hergestellt und waren damit für eine bedeutend breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich und erstrebenswert. Das Aquirieren von (modischen) Objekten spielte beim Käufer eine zentrale Rolle in der Prägung eines Selbstverständnisses, eines Lifestyles. Den Surrealisten ging es darum, die wahren Zusammenhänge, welche Objekte so erstrebenswert machten, nach aussen zu kehren. Sie versuchten, im Künstlichen das Natürliche zu entdecken, ohne dabei «Schönheit» («Schönheit muss zwanghaft wirken», sagte Breton), Überraschungseffekt, Komposition, Perspektive und verwandte Aspekte zu vernachlässigen. Auch wollten sie im Massenobjekt das Besondere, das Absurde oder das Inspirationshafte aufdecken (Paradebeispiele: das von Marcel Duchamp zum Ausstellungsstück umfunktionierte Pissoir). Last but not least sollten Menschen, die durch ihre bürgerliche Erziehung verklemmt worden waren, zur Freude des sinnlichen Erlebens zurückgeführt werden. Es sollten ihnen Auge, Ohr und Geist geöffnet werden für die Magie der täglichen Zusammenhänge – ohne dabei auf mystische oder religiöse Erklärungen zurückzugreifen.
Die von Ghislaine Wood kuratierte Ausstellung «Surreal Things – Surrealism and Design» zeigt auf vergnügliche, schockierende und betroffen machende Weise auf, wie die surrealistische Ästhetik zur lingua franca der Werbung werden konnte. Die zentrale Bedeutung, die der Studie des «Objektes» im Surrealismus zukam, machte einen Ideenaustausch zwischen Surrealisten und Produzenten von Massenobjekten zur Selbstverständlichkeit, selbst dann, wenn sich das Establishment vorderhand nur echauffierte ob den eingeschnürten Brüsten, den Lippensofas und dem pelzigen Frühstücksgeschirr. Als natürlicher Schnittbereich zwischen Kunst und Alltag dienten von Anfang an Möbel-, Schmuck- und Fashion-Design, dazu die Modefotografie, angeführt von Man Ray.