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das kulturelle überformat
Nr. 4 / 26. April 2007
#Surreal Things – Surrealism and Design
  10/11
kunst
Surreal Things – Surrealism and Design

Rund dreihundert Stücke umfasst die Ausstellung, die im September nach Rotterdam und im März 2008 nach Bilbao weiter zieht.

Selten sind die knappen Räumlichkeiten des V&A raffinierter genutzt worden. Die drei Säle sind in sieben Kapitel aufgeteilt: «Protest: The Ballet», «Surrealism and the Object», «The Illusory Interior», «Nature made Strange», «The Art of This Century Gallery», «Displaying the Body» und «Dream». Dabei werden die Objekte und Gemälde so sorgfältig präsentiert, ihre Zusammenhänge so subtil aufgezeigt, dass das Gefühl sprühender, idealistischer Imagination, die ihre Entstehung beseelte, eine fast körperliche, stimulierende und im Sinne von Guillaume Apollinaire «sur-reale» Präsenz annimmt. Selbst Werke von Dalí und Magritte, die als Poster längst in die Umgebung der Tennisspielerin mit dem nackten Po abgerutscht sind, erscheinen hier in einer überraschenden Vitalität «Eine Kleine Nachtmusik» von Dorothea Tanning aus dem Jahr 1943. Derweil die Ausstellung auch amerikanische und britische Entwicklungen aufzeigt, fehlt jeder Hinweis darauf, wie Dalí im Besonderen und Surrealismus im Allgemeinen erst in den Sechzigern – und nicht zuletzt dank dem Konsum gewisser Drogen – omnipräsent wurden. Oder wie die verzweifelte Suche heutiger Pop-Video-Macher nach schrägen, knalligen Bildern das wilde Um-sich-schmeissen mit absurden Bild- und Objektkombinationen erst recht zum Klischee verkommen liess. Die Absenz soll in keiner Weise bemängelt werden. Angesichts der überwältigend dichten Aussagekraft der ausgestellten Werke, braucht man die erbärmlichen Ausgüsse der modernen Popindustrie nicht noch einmal über sich ergehen zu lassen, um sich ihrer Leere gewahr zu werden. Da verzeiht man – ja, befürwortet man gar noch den ganz und gar modernen Trick des V&A, die Ausstellung vom Warenhaus Selfridges sponsern zu lassen, und im Basement desselben, einen Stand mit surrealen Artefakten (eine Mini-Version des Hummertelefons!) und einer post-surrealen Schnurskulptur (die Schnur so lang wie die Distanz zwischen Selfridges und V&A) einzurichten.