Adrian Tomine, «Halbe Wahrheiten»

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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine
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comic
Rutu Modan, Kiriko Nananan, Adrian Tomine

amourösen Problemen berät. Die bröckelnde Beziehung lässt Ben nach links und rechts Ausschau halten, es tritt instinktiv seine Vorliebe für weisse Blondinen zu Tage. Solches und die Tatsache, dass er heimlich einschlägige Pornos konsumiert, lässt Miko auf Distanz gehen: man beschliesst, sich auf Zeit zu trennen und Miko zieht, ein Job-Angebot akzeptierend, nach New York. Während Ben nach Blondinen- Abenteuern und einem New York-Trip im amourösen Vakuum strampelt und feststellen muss, dass Miko schon eine geraume Weile einen neuen Lover hat, scheint die promiskuitive Alice in der New Yorker Hochschullehrerin Meredith Lee eine Partnerin fürs Leben gefunden zu haben. Das ständige Hin und Her der amourösen, menschlichen Tragikkomödie eben.

Eine der Besonderheiten von «Halbe Wahrheiten» ist im Übrigen, dass man hier erfährt, wie sehr die Kodierungen ostasiatischer Gesellschaftsstrukturen auch in den USA Gültigkeit besitzen. Die konservative koreanische Familie von Alice Kim darf zum Beispiel niemals – alles ist für sie besser als Homos – etwas von den lesbischen Präferenzen der Tochter erfahren und «weisse Blondinen» werden in Bens Umfeld als Exotinnen eingestuft.

Tomine gibt seit 1991 regelmässig seine Comicserie «Optic Nerve» heraus. Er ist neben Daniel Clowes der erfolgreichste progressive Comicerzähler des juvenilen Alltags in den USA. Zeichnerisch hält er sich dabei an einen klaren Realismus ohne Firlefanz, ganz im Sinne einer weiterentwickelten Ligne Claire. Die Seiten sind meist regelmässig in drei mal drei Panels eingeteilt, wobei eine Zweiteilung in Quadrate oft eine Wendung in der Handlung andeutet.