Es dürfte ein absolutes Novum sein – eine Ausstellung der Tate Gallery, deren Besuch dem glücklichen Gast ein Rendez-Vous mit einer Ratte beschert. Und zwar nicht etwa einer Ratte als ausgestopftes Art Object, oder gar einer an die Wand gesprayten Banksy-Ratte – obwohl gerade eine solche bestens in den Kontext passen würde.
Nein, gemeint ist das atmende, Kabel durchnagende, schlaue Real Thing, ein Biest wie es leibt und lebt. So geschehen gleich nach dem Überqueren der Southwark Bridge Road und beim Einbiegen in den kleinen Park, der dort inmitten von Sozialbauten allerhand pennende Clochards und Jünglinge mit pergamentbleichem Teint beherbergt. Eine Ratte, die auf einer Art Pergola seelenruhig an einem Stück Schokolade knabbert und erst davon huscht, als man ihr praktisch auf den dicken Schwanz tritt. Es ist – mit anderen Worten – nicht unbedingt ein Ort, den der coole oder gar gutbürgerliche Londoner gewöhnlich aufsuchen würde.
Wir sind hier, weil uns die Tate Modern mit einem kleinen Stadtplan ausgerüstet und losgeschickt hat, um die fünfzehn Hinterhöfe, Brandmauern, Garagentore und Ladenschilder zu orten, wo Spok, El Tone, Nuria, Nano 4814 und 3TTMan – fünf Graffiti-Artists aus Madrid – ihre Muse haben spielen lassen. Allein, das Unterfangen ist nicht so einfach, wie es die Landkarte eigentlich versprochen hätte. Entweder ist Street Art noch kurzlebiger, als man befürchtete. Oder die Spanier haben kurzfristig doch eine andere Wand voll gesprayt, als die auf der Karte eingezeichnete.